„Am 9.April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer, evangelischer Theologe und Pfarrer der Bekennenden Kirche, von einem SS-Sondergericht wegen Hochverrat zum Tode verurteilt und wenige Stunden später im Konzentrationslage Flossenbürg erhängt. Er war einer von Millionen, die der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum Opfer fielen, einer jedoch, der sich bewusst an die Seite der Opfer gestellt hatte und bereit war, ihr Schicksal zu teilen. Er hätte es anders haben können. Die Lebensgeschichte des Dietrich Bonhoeffer erscheint im Nachhinein als ein konsequenter Weg aus einer privilegierten Welt in die Gefährdung einer solidarischen Existenz, ein Prozess der für Bonhoeffer als einzig möglicher Weg der Nachfolge Christi unausweichlich wurde. Es war der wEg einer fortwährenden Selbstentsicherung und Grenzüberschreitung, der ihn in Gefahr und Tod, und doch auch in eine große Weite und Freiheit geführt hat….“
Das war der Beginn eines interessanten Vortrags über Dietrich Bonhoeffer, der in unserer Nachbarschaft in der Marienburger Allee zusammen mit seinen 7 Geschwistern aufgewachsen ist. Mich hat besonders fasziniert, wie die Autorin die Entwicklung Dietrichs von seinem Erleben des ersten Weltkriegs als Junge bis hin zu seinem starken Willen, seinen Glauben in politisches Handeln umzusetzen, darstellte. Von der alten wilhelminischen Kirche enttäuscht lernte er in New York Basisgemeinden kennen in einer Zeit, in der die Bürgerrechtsbewegung beginnt. Er engagiert sich in der „Bekennenden Kirche“, ein Gegenpol zu der der Naziideologie unterlegenen Kirche „Deutsche Christen“, aber auch diese spaltet sich in der Judenfrage.
In Finkenwalde übernimmt er ein Predigerseminar und versucht in der Gemeinschaft einen alternativen Lebensstil im Lernen und Feiern, im Kampf und Kontemplation zu leben. Dietrich zieht die Konsequenz aus dem Glauben und betätigt sich aktiv am Widerstand. Er stellt sich die Frage nach der Schuldübernahme im politischen Grenzfall, er stellt sich diesem Schicksal. Aus dem „heiligen“ Mann wird ein ganz normaler Mensch, der sich in die junge Maria von Wedemeyer verliebt. Aus dem Gefängnis stammt noch die Theologie der Gefängnisbriefe, er stellt sich ganz dem Leben, der sich nach der Freiheit sehnt.
Es war ein wirklich erbauender Abend und wir haben uns gefragt, warum nicht mehr Eichkamper anwesend waren. Wir haben immer noch die rege Beteiligung an der Stolpersteinverlegung für Klaus Bonhoeffer in unserer Siedlung im Juni dieses Jahres in Erinnerung. Es sind 70 Jahre seit der Ermordung von Dietrich und Klaus Bonhoeffer.
(Jürgen Schaffer)
Okt 13 2015