GOSPELBOAT mit voller vokaler Kraft

Gospelboat-Dez-2016

Schon am Anfang wurde voll mit “Hallelujah” durchgestartet: Eine Quincy-Jones-Version von Händels berühmtem Chor aus dem Messias! Damit war der Grundton und -rhythmus dieses Konzerts im Haus Eichkamp am 16. Dezember 2016 klargestellt – Barock und Jazz, Gospel und populäre Musik, Religion und Alltagsgefühle. Eine Mischung und Spannung, die den Gestus der Sängerinnen und Sänger grundierte, wobei es immer auf das besondere Timbre in der Stimme ankam, eben auf die Emotion, die die kraftvolle Stärke und Intensität in den gesanglichen Ausdruck bringt. Und das Publikum nahm das an, bewegte sich auch sitzend auf den Stühlen, hob die Arme, klatschte mit. Eine schöne Stimmung, passend zur Eichkamper Adventszeit. Der “Konzertsaal” im Eichkamphaus war voll besetzt und die Akustik wieder hervorragend – auch wenn sich stellenweise die Stimmen durch die elektronische Verstärkung fast überschlugen. Der Saal hielt diesen akustischen Test aus und den Zuhörern taten die Ohren nicht weh.

Wer Gospelboat Berlin in den letzten Jahren mehrfach gehört hat, wird dem zustimmen, dass dem Chor eine Entwicklung gelungen ist. Insgesamt hat der Vokalkörper an Präzision gewonnen, die Höhen und Tiefen sind sehr prägnant, auch wenn die Varianz der Stimmen gerade beim Gospel gar nicht so stark ist. Manchmal klingen Frauen- und Männerstimmen sehr gleich, können aber im nächsten Moment wieder mit ihren Stimmlagen auseinandergehen. Insgesamt hat die Artikulationsfähigkeit des Chores an Souveränität zugenommen, was beim betont zerlegten mit bisweilen zerhackten “Ha-le-lu-jah!!” deutlich wird. In manchen Stücke wird vokal ein verdichteter Klangteppich ausgelegt, aus dem dann einzelne Stimmen hervortreten und sich wieder zurücknehmen können. Einen besonderen Nachhall im Hörgedächtnis bleibt das Heraufschleifen von einer unteren Tonlage zu einem aufsteigenden Ausruf im zunehmenden Fortissimo, das dann als massiver Ton im Raum steht.
Bei dem breiten Repertoire fällt auf, wie experimentierfreudig der Chor ist. Vor allem bei den afrikanische Stücken geht es wortmalerisch zu und es werden Wörter und Sätze in einzelne Silben zerlegt. Experimentelles Singen befreit und macht Spaß, das lassen die Sängerinnen und Sänger spüren und es ist auch für die Zuhörer schön, sich von der Spielfreude mitreißen zu lassen. Durchweg kommt aber das Repertoire geschlossen daher, eine Stück folgt (mit erläuternder Moderation) dem anderen und bei aller Verschiedenheit der einzelnen Lieder wirkt das Konzertprogramm sehr dicht. Dabei ist die Begleitung durch das Klavier und Schlagzeug eine klare und sichere Basis, auf der sich das vokale Geschehen des Chores frei bewegen kann. Dies alles geführt von Olga Kisseleva, die mit ihrer dezent tänzelnd wiegenden Körpersprache immer das Gefühl vermittelt, dieses musikalische Gebilde voll im Griff zu haben.
Ewald Schürmann

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